Anerkennung thomaswechspreis 2025
Wir freuen uns über eine Anerkennung beim thomaswechspreis 2025 für unser Projekt Kirche St. Martin, Lagerlechfeld
Besonders schätzen wir die schriftliche Beurteilung unseres Projekts durch die Jury, bestehend aus Sonja Nagel, Stuttgart / Birgit Rudacs, München / Armin Pedevilla, Bruneck:
Was tun mit einer Kirche, die zu groß geworden ist für ihre Gemeinde, zu teuer im Unterhalt und zudem sanierungsbedürftig? Die Antwort, die der Umbau der Filialkirche St. Martin gibt, ist ebenso klug wie beispielhaft. Er wandelt ein überdimensioniertes Sakralgebäude der 1960er-Jahre in einen zukunftsfähigen, vielschichtigen Ort – ohne dessen Würde zu verlieren. Die architektonische Haltung ist klar: keine nostalgische Rückschau, sondern eine präzise Weiterentwicklung im Sinne des ursprünglichen Konzepts des heiligen Zelts. Die horizontale Teilung des Innenraums – eine radikale Geste – nutzt klug das Tragwerk des Bestands und schafft eine neue räumliche Ordnung.
Im Erdgeschoss entstehen helle, flexibel nutzbare Räume für Gemeindeaktivitäten, Begegnungen und Feste. Die zusätzliche Nutzung als Bau- und Kunstdepot unter dem neuen Kirchenboden ist ein stilles Statement. Hier werden sakrale Objekte bewahrt, die andernorts keine Heimat mehr haben. Ein Ort des Respekts – nicht museal, sondern lebendig. Die funktionale Verschränkung von Nutzung und Erinnerung sichert den Erhalt des Gebäudes und erzeugt nachhaltige Synergien, kulturell wie energetisch.
Der eingestellte zylindrische Kern übernimmt eine zentrale Funktion. Er kaschiert geschickt die notwendigen Nebenräume und inszeniert zugleich den Zugang zum liturgischen Handlungsraum im Obergeschoss als feierliches Emporsteigen. Diese räumliche Choreografie erzeugt eine wohltuende Distanz zur profanen Nutzung im Erdgeschoss, gliedert den Sakralraum und schafft im rückwärtigen Bereich eine kapellenartige Raumsituation als Rückzugsort für das stille Gebet, der die sakrale Sphäre subtil erweitert.
Gestalterisch überzeugt der Umbau durch feinsinnige Details und eine sorgfältig entwickelte Möblierung, die den Teilungsgedanken im neuen Altar, Ambo, Tabernakel und Taufstein fortführt. Diese schönen Objekte entstehen durch präzise geometrische Operationen aus den Kalksteinquadern der alten Ausstattung. Eine gelungene Transformation mit symbolischer Tiefe.
Die Filialkirche St. Martin ist ein gebautes Plädoyer für die Zukunftsfähigkeit sakraler Räume, die zeigt, wie aus einem sanierungsbedürftigen Bau ein identitätsstiftender Ort für Gemeinde, Kultur und Gedächtnis wird.
